Diskursthema Familie

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Diskursthemen Antifeminismus
Diskursthema:
Familie

Familismus (in der Literatur auch Familialismus) ist eine antifeministische Ideologie, die die Familie als Keimzelle der Nation setzt. Das Verhältnis von Familie und Gesellschaft ist in dieser Denkweise durch weitgehende Identität gekennzeichnet.


Ideologische Kennzeichen des Familismus

Familismus (Familialismus) ist ein soziologischer Begriff und zugleich eine Ideologie, die die bürgerliche Kleinfamilie als Leitform einer Sozialstruktur bezeichnet. Im Familismus nimmt die (Groß-)Familie, das heißt die Vater-Mutter-Kind-Familie und die biologische Verwandtschaft die Funktion einer die Existenz des Einzelnen sichernden sowie den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang stützende Instanz ein. Das Verhältnis von Familie und Gesellschaft ist durch weitgehende Identität gekennzeichnet. Das System aller Familien bildet das Gemeinwesen [1]. Das Gemeinwesen ist nach der Ideologie des Familismus auf den Nationalstaat bezogen. Es besteht also ein Zusammenhang zwischen den Konzepten der Familie, des Selbst, der Staatsbürgerschaft und der (National)Staatlichkeit. In familistischen Gesellschaften ist die Familie der Dreh- und Angelpunkt aller sozialen Organisationen. Sie unterstützt den Rückzug der Individuen ins „Private“. Dort herrschen komplementäre Rollenaufteilungen entlang der Geschlechterlinie. Menschen ohne Familie gibt es in familistischen Gesellschaften nicht. Ihnen wird unterstellt, dass sie früher oder später eine Familie gründen werden oder zu ihr zurückfinden. Die familistische Ideologie unterstellt, dass alle Menschen Teil einer familialen Ordnung sein wollen, deren Aufrechterhaltung den Menschen als Individuum nicht benötigt, weil es in der Familie aufgeht. Danach‚ ob Gefühle des Zueinandergehörens über einen längeren Zeitraum überhaupt tragbar sein können, fragen familistische Systeme nicht.

Familistische Systeme schließen faktisch alle Menschen aus, die nicht zu einer Familie gehören (z.B. Singles, Menschen, die in Heimen oder auch in Kommunen und anderen selbstgewählten sozialen Netzwerken leben). Im idealen Familismus bilden sich keine Konflikte zwischen der Familienstruktur und externen sozialen Akteuren. Letztere sind schlicht nicht existent oder bedeutungslos.[2] Der viel zitierte Ausspruch der ersten Premierministerin Großbritanniens Margaret Thatcher: „Es gibt keine Gesellschaft. Es gibt nur Individuen und Familien“ geht genau in diese Richtung. Er gehört zu den Grundsätzen des „Thatcherismus“, der ökonomischen Liberalismus mit politischer Autorität verband: Reduzierung des Wohlfahrtsstaates, Rückverlagerung seiner Aufgaben in die Familie und konsequente Deregulierung von Wirtschaftsstrukturen sowie Privatisierung von Staatsunternehmen.[3]

Familistische Ideologien richten sich beispielsweise gegen

  • Gleichstellung von gleichgeschlechtlicher Partner*innenschaft mit der Ehe zwischen Frau und Mann
  • Liberalisierung von Abtreibungsparagrafen
  • Sexualpädagogik der Vielfalt

Einige familistische Initiativen fordern u.a.

  • Recht der Eltern, ihre Kinder selbst zu unterrichten

Organisationen, die dem Familismus nahe stehen

Zu den Organisationen, die dem Familismus nahe stehen, zählen beispielsweise:

Familistische Aktionen

Zu den familistischen Aktionen zählen beispielsweise

Literatur

  • Notz, Gisela: Kritik des Familismus. Theorie und soziale Realität eines ideologischen Gemäldes, Stuttgart 2015: Schmetterling Verlag, [2]
  • Notz, Gisela: Brauchen wir einen neuen Familismus? Kritische Anmerkungen zu einem ideologisierten Familienverständnis, Vortrag auf der Tagung: “Gegner*innenaufklärung – Informationen und Analysen zu Anti-Feminismus” im Gunda-Werner-Institut in der Heinrich-Böll-Stiftung am 31.05.2016, [3]

Einzelnachweise

  1. Fuchs-Heinritz u.a. Lexikon der Soziologie, Wiesbaden 2010, 5. Aufl.
  2. Karl-Heinz Hillmann: Wörterbuch der Soziologie. Stuttgart 1994, S. 216.
  3. wissen.de Artikel:Die "Eiserne Lady" Margaret Thatcher ist tot - eine Würdigung [1](Zugriff: 4.7.2017)